Was ist vorgeburtliche Erziehung?

»Vorgeburtliche Erziehung« ist ein wenig bekannter Begriff. Wenn man ihn zum ersten Mal hört oder liest, ist man überrascht und vielleicht auch irritiert oder sogar empört. Das ist normal, so lange man das Wort »Erziehung« mit Strenge, Erwartungen und Ansprüchen in Verbindung bringt. Man spürt, dass dies bei einem werdenden Kind völlig fehl am Platz wäre, man weiß, dass es im Gegenteil Wohlwollen, Geborgenheit, Schutz und Liebe braucht.

Deshalb ist es wichtig, zu erklären, was mit »vorgeburtlicher Erziehung« wirklich gemeint ist.

Im Allgemeinen versteht man unter »Erziehung« die bewusste Bemühung von Eltern und Erziehern, den Charakter und das Verhalten eines Kindes positiv zu beeinflussen.

Viele Erziehende wissen nicht, dass ein wesentlicher Teil der Erziehung – nebenbei – auf einem anderen Weg geschieht: Kinder lernen mehr durch das, was ihnen vorgelebt wird, als durch das, was man ihnen sagt, erlaubt oder verbietet. Das Verhalten ihrer Eltern und Erzieher, deren Beziehungsmuster und Lebenseinstellung prägt sich bei den Kindern ein, und sie werden es unbewusst nachahmen – früher oder später.

Aber was hat das mit einem noch ungeborenen Kind zu tun?

Das Kind im Mutterleib ist bereits ein empfindsames Wesen. Das haben Wissenschaflter in den letzten 50 Jahren vielfach bewiesen. Das Kind kann schon Vieles wahrnehmen und darauf reagieren. Während es heranwächst, bilden sich ständig neue Zellen. Zellen haben die Eigenschaft, von Anfang an Informationen und Eindrücke aufzunehmen und zu speichern.

Alles, was die Mutter erlebt, erlebt das Kind mit ihr. Die Erlebnisse, Beschäftigungen, Gedanken und Gefühle der Mutter dienen dem Kind als erste »Baustoffe« für seine Gesundheit, Gefühlswelt, Denkweise und Beziehungsfähigkeit.

Früher hat man geglaubt, dass die Gene eines Kindes seinen Charakter, sein Aussehen und seine Gesundheit festlegen. Inzwischen hat die Wissenschaft erkannt, dass nicht alle Gene wirksam werden. Welche Gene zum Zuge kommen, hängt vom Erleben des Kindes im Mutterleib ab und von den Prägungen, die es erfährt durch das, womit sich die Mutter beschäftigt.

»Alles, was die Mutter erlebt, erlebt das Kind mit ihr.«

Diese Prägungen sind es, die auch zur ersten »Erziehung« führen, zur »vorgeburtlichen Erziehung«. Sie ist ein natürlicher Vorgang, der unweigerlich stattfindet, egal ob die Eltern es wissen oder nicht.

Nicht die Eltern erziehen das Kind, sondern es erzieht sich selbst. Aber es nimmt dazu alle Einflüsse zur Hilfe, die es von außen erhält.

Eltern, die sich dessen bewusst sind, können verhindern, dass sie ihrem Kind schaden. Stattdessen können sie viel für seine gute und gesunde körperliche, seelische und geistige Entwicklung tun, indem sie es bewusst, liebevoll und respektvoll begleiten. Sie können ihm sehr helfen, das gute Potential, das in ihm liegt, zu entfalten. Durch ihre Liebe und ihr Wohlwollen helfen sie ihm, eine lebensbejahende, vertrauende, offene und kreative Persönlichkeit heranzubilden.

Dafür gibt es einfache und natürliche Methoden, die leicht im Alltag anwendbar sind. Sie tun nicht nur dem Kind gut, sondern auch der Mutter. Und viele von ihnen werden auch dem Vater gut tun.

Manches davon praktizieren die Eltern instinktiv und ohne dass es ihnen jemand sagt. Anderes können sie lernen. Es ist das Anliegen unseres Vereins, werdende Eltern darüber zu informieren.